Kompass-Newsletter No. 90 - 10/2020

 

Moria abgebrannt und „New Pact on Migration and Asylum“ +++ 9.10.2020- ein Jahr nach dem Anschlag in Halle - Resilienzfestival und Gedenkdemo in Berlin +++ 17.10. an vielen Orten: Aktionstag der Plattform des transnationals social Strike (TSS) +++ 24.10. in Wiesbaden: Demo gegen rechte und rassistische Strukturen in Polizei und Behörden +++ 29.10. Online event from Sea to City: Corridors of Solidarity +++ Anti-Rassismus-Ausstellung in Frankfurt - zum Tod von Matiullah J. +++ Updates Seenotrettung: Alarm Phone und Sea Watch +++ Dublin und Kirchenasyl: keine Fristverlängerung auf 18 Monate! +++ Solidarität mit Serif - letzte Runde gegen Abschiebebehörden +++ Neuer Film: Gesundheit ist Menschenrecht. Der anonyme Krankenschein +++ Updates Initiative 19. Februar Hanau +++ Rückblick: Transnationale dezentrale Aktionstage 5 Jahre nach dem March of Hope

Liebe Freundinnen und Freunde!

Moria ist abgebrannt und alle, die ihre Augen nicht absichtlich verschließen oder sowieso Ausgrenzung um jeden Preis fordern, haben in den Tagen nach dem 8. September einmal mehr erleben können, wie brutal, menschenunwürdig und mörderisch die EU-Asyl- und Migrationspolitik ist. Gute zwei Wochen später präsentierten Von der Leyen & Co mit ihren Plänen für einen »New Pact on Migration and Asylum« den Entwurf für die nächste Runde von Verschärfungen: Grenzverfahren, noch mehr Haft und noch mehr Abschiebungen. „Mensch kann gar nicht soviel essen, wie Mensch kotzen möchte“ - Punkt! 

Für die weitere Einleitung des neuen Kompass übernehmen wir im Folgenden die kurze und so treffende Rede, die eine Freundin aus Athen einige Tage nach dem Brand verfasst hat: „Das Tragische ist nicht, dass Moria abgebrannt ist. Tragisch ist nur, dass es existierte. In verschiedenen Texten oder Kommentaren schreiben sie, dass die Flüchtlinge jetzt ´obdachlos sind und ihre wenigen Habseligkeiten verloren haben`. Moria war kein ´Obdach`, es war ein Gefängnis, und die Insassen von Moria sind nicht jetzt ´obdachlos`. Vielmehr waren sie bereits all die Jahre obdachlos.

Sie verbreiten es auf allen Kanälen und beschuldigen Geflüchtete, die Brände gelegt zu haben. Wenn sie das Feuer gelegt haben, dann hatten sie jedes Recht, es zu tun. Alles Recht der Welt.

Sie stellen das Abbrennen von Moria als eine tickende Zeitbombe dar, da sie zur Verbreitung von Covid führen könnte. Eine tickende Zeitbombe war jedoch die Existenz dieses Lagers, da Zehntausende von Menschen unter erbärmlichen Bedingungen eingepfercht wurden, ohne elementare medizinische Versorgung, sogar ohne Zugang zu Wasser und Seife. Sind reiche Ausländer*innen, Tourist*innen, die in Bars, Restaurants und Cafés herumspazieren, keine tickenden Zeitbomben? Doch arme Ausländer*innen - diejenigen, die für einen großen Teil der Gesellschaft Unberührbare bleiben - werden beschuldigt, Corona zu verbreiten. Als Sündenböcke für alle Probleme.

Ganz gleich, wer die Verantwortung für den Brand trägt. Wir müssen gegen diejenigen kämpfen, die für die Existenz von Moria verantwortlich waren.

Lasst den Brand zum Anlass werden für - wenn auch in äußerst schwierigen politischen und sozialen Verhältnissen - gemeinsame Kämpfe, die das Selbstverständliche beanspruchen. Das Recht auf Freizügigkeit und auf ein menschenwürdiges Wohnen und Leben.“

In diesem Sinne und mit antirassistischen Grüßen,

die Kompass-Crew