Kompass-Newsletter No. 83 - 11/2019

 

Veranstaltungen & Spendenaufruf zu 5 Jahren Alarm Phone +++ Mittelmeer-Monologe on Tour +++ Tribunal in Chemnitz und Zwickau +++ EU-Türkei-Deal und Defend Rojava: Appell von Medico und Erklärung von Pro Asyl +++ Free El Hiblu 3 - Kampagne in Vorbereitung +++ Rückblick: Halle: Gedenken gegen rechten Terror; Strategiekonferenz in Berlin +++ Ausblick: We`ll Come United im Januar 2020 in Rhein-Main; bundesweites Beratungstreffen im Februar in Göttingen

 

Liebe Freundinnen und Freunde!

 

„Diejenigen, die mit jeder Schicht einen Stein aus der Mauer entfernen und ihn zu einer Brücke hinzufügen…“ Mit diesem schlichten und doch so starken Satz endet die Collage einer Selbstbeschreibung in der Broschüre zum 5-jährigen Bestehen des WatchTheMed Alarm Phones (siehe alarmphone.org). Aktuell melden sich fast jede Nacht Boote aus der Ägäis bei der Hotline und besonders herausfordernd verlaufen die Notrufe aus dem zentralen Mittelmeer. Wenn zivile Rettungsschiffe in der Todeszone vor der Küste Libyens unterwegs sind und das Alarm Phone die Positionen von Booten an die Leitstellen in Rom oder Malta weitergibt, dann beginnt jeweils ein dramatischer Wettlauf. Denn die EU-Behörden tun alles, damit die Boote noch in letzter Minute von der sogenannten libyschen Küstenwache abgefangen werden. Wenn die libyschen Milizen – wie zuletzt am 26. Oktober 2019 beim Einsatz von Alan Kurdi erneut geschehen - zu spät kommen, dann versuchen sie, den Ablauf der Rettung zu stören oder gar mit Androhung von Waffengewalt zu verhindern. Eine Woche zuvor, am 18. Oktober, gelang es dem Alarm Phone, eine besonders krasse EU-libysche Push-Back Kollaboration zu dokumentieren. Das betroffene Boot mit 50 Menschen war bereits aus eigener Kraft in die maltesische Such- und Rettungszone gelangt. Dennoch wiesen die Behörden in Valetta ein Schiff aus Libyen an, die Menschen aufzugreifen und in die Hölle der Folterlager zurückschaffen zu lassen - ein frontaler Bruch aller Flüchtlings- und Menschenrechte.

 

Während Anfang November das Netzwerk des Alarm Phone mit 150 Aktiven aus vielen Städten Europas und Nordafrikas in Marseille über Handlungsmöglichkeiten an den Außengrenzen beriet, fand in Chemnitz und Zwickau das (dritte) Tribunal zu „NSU-Komplex auflösen“ statt. Mit dem Vorsatz »Wir klagen an – Solidarität verteidigen!" kamen mehr als 400 Menschen aus diversen Communities und Initiativen zusammen, um den Opfern des NSU, den Opfern und Betroffenen rassistischer, antisemitischer und antimuslimischer Gewalt zu gedenken, um die Täter und Strukturen zu benennen und anzuklagen – und um die Gesellschaft der Vielen zu feiern. Und das in Sachsen! „Die drei Tage waren emotional dicht und intensiv, mit vielen bekannten, aber vor allem vielen neuen jungen Stimmen, Gesichtern und Geschichten; voll von Konzentration, spürbarer Empathie, gemeinsam getragener Trauer, Wut und extrem bewegenden Momenten. Ein kluger Move, in jeder Hinsicht gelungen.“ Ein wichtiges Zeichen im Osten, nach den Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen, und nicht zuletzt, um die Ansage aus dem Power-Parade-Block bei der Demo im August in Dresden konkret aufzugreifen: MigrAntifa!

 

Das beeindruckende Foto von „Migrantifa United“ in Chemnitz setzen wir zudem wegen des Hintergrund-Slogans auf die erste Seite dieses Newsletters: Solidarität mit Rojava! „Der Einmarsch der türkischen Armee in Nordsyrien steht nicht nur für Erdoğans Krieg gegen Rojava. Er ist der jüngste Ausdruck des Totalversagens europäischer Migrations- und Außenpolitik: Einer Politik, die nichts zur Lösung der weltweiten Fluchtproblematik beiträgt, sondern sie systematisch verschärft… Moria, Idlib, Rojava und der türkische Krieg zur Durchsetzung einer angeblichen Schutzzone, in die eine Million syrischer Geflüchteter zwangsweise umgesiedelt werden sollen: Die europäische Migrationspolitik hat das Schicksal von Millionen Menschen zusammengebunden und als Faustpfand für einen europäischen Burgfrieden eingetauscht.“ Ein von medico international initiierter Appell bringt den Zusammenhang von Krieg und Vorverlagerung des Grenzregime, von sog. Schutzzonen und Hotspot-Lagern auf den Punkt. 

In diesem Sinne: Den EU-Türkei-Deal versenken - Defend Rojava!

Euer Kompass-Team